Der hl. Joseph als Herz-Mariä-Verehrer

Loreto, 13.2.1982

Heute möchte ich einmal über einen Herz-Mariä-Verehrer zu euch, liebe Brüder und Schwestern, sprechen, der in unserer Zeit vielfach verkannt wird, weil man sein Verhältnis zu Maria missversteht: Es ist der hl. Joseph. Vom göttlichen Heiland abgesehen war er doch eigentlich der allererste und dabei wohl auch der beste und treueste Verehrer des unbefleckten Herzens Mariä.

Ja, Maria hat im hl. Joseph einen Verehrer gehabt im besten und schönsten Sinn dieses Wortes, das im Zusammenleben der Menschen so oft missbraucht worden ist.

Der hl. Joseph kann uns vielleicht auch am besten zeigen, worin die Größe und Würde, der Adel und die Schönheit des unbefleckten Herzens Mariä vor allem zu suchen sind. Er kann uns vielleicht auch am besten zeigen, wie wir nach seinem Beispiel das Herz Mariä verehren sollen.

Wollen wir den hl. Joseph als den ersten Verehrer des Herzens Mariä kennenlernen, so müssen wir zuerst einmal seine Stellung zu Maria, sein Verhältnis zu Maria klar und richtig sehen. Gerade dabei fehlt es nämlich heute sowohl auf der konservativen als auch auf der progressistischen Seite.

Die konservative Seite gibt nicht gerne zu, dass zwischen Maria und Joseph eine wahre und eigentliche Ehe bestand.

Die progressistische Seite aber behauptet heute vielfach auf Kosten der immerwährenden Jungfräulichkeit Mariens, dass der hl. Joseph von seiner Ehe mit Maria auch ins sexueller Hinsicht Gebrauch gemacht habe und dass der erstgeborene Sohn Mariens, der Gottmensch Jesus Christus auf ganz natürliche Weise empfangen worden sei und Sohn Marias und Josephs sei, auf den dann im weiteren geschlechtlichen Verkehr aus dieser Ehe noch weiter Söhne und Töchter, eben die in der hl. Schrift genannten Brüder und Schwestern Jesu hervorgegangen seien.

Gehen wir zuerst aus von der Tatsache, dass zwischen Maria und Joseph nicht bloß im bildlichen, übertragenen, sondern im vollen, wahren, wirklichen Sinn eine Ehe bestand. Und doch gibt es da eigentlich gar keinen Zweifel: Der hl. Joseph war nicht etwa bloß der Bräutigam Marias in dem Sinn, wie wir das Wort Bräutigam verstehen, sondern er war wirklich im vollen, rechtlichen Sinn der Gatte, der Gemahl Marias und umgekehrt Maria war wirklich die Gattin, die Gemahlin des hl. Joseph. Die Hl. Schrift gebraucht ja ausdrücklich diese Bezeichnungen, so z.B. bei Mt 1,16, wo es heißt: „Jakob aber zeugte Joseph, den MANN Marias, von der geboren wurde Jesus, der genannt wird Christus“.

Bei Mt 1,19 heißt es: „Da aber Joseph, ihr MANN, gerecht war...“

Bei Mt 1,20 wird vom Engel zum hl. Joseph gesagt: „Joseph, fürchte dich nicht, Maria, deine Gattin, zu dir zu nehmen, denn was in ihr gezeugt worden ist, stammt vom Hl. Geist“.

Bei Lk 2,5 heißt es im Bericht über die Wanderung der beiden heiligen Personen zur Volkszählung nach Bethlehem: „So zog Joseph, der aus dem Hause und Geschlechte Davids stammte, von Galiläa aus der Stadt Nazareth nach Judäa in die Stadt Davids, die Bethlehem heißt, um sich mit Maria, seiner angetrauten Gattin, die gesegneten Leibes war, eintragen zu lassen.“

Dazu kommt noch die in den Evangelien klar verbürgte Tatsache, dass Maria und Joseph wirklich in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebten und dass dieses Zusammenleben im Kreis der Verwandten und Bekannten als solches bekannt war; denn bei der strengen Auffassung der damaligen Juden von der gebotenen sittlichen Zucht des Ehe- und Familienlebens konnten erwachsene, reife Menschen verschiedenen Geschlechts, die nicht zu einer Familie zusammengehörten, unmöglich unter einem Dach zusammenleben und einen gemeinsamen Haushalt führen, wenn sie nicht miteinander durch die Ehe als Gatte und Gattin verbunden waren.

Vom hl. Joseph sagt es nun die Hl. Schrift ausdrücklich, dass er Maria zu sich nahm, dass er an Maria treu und gewissenhaft alle Pflichten eines Ehegemahls erfüllte und umgekehrt Maria die Pflichten einer Ehegattin dem hl. Joseph gegenüber. Sie gingen zusammen zur Volkszählung nach Bethlehem, sie begaben sich zusammen an den religiösen Festen nach Jerusalem, sie flohen zusammen vor der Verfolgung durch Herodes nach Ägypten; und nach der Rückkehr aus Ägypten wohnten sie zusammen in Nazareth.

Es gibt darum nach all dem, was die Hl. Schrift uns berichtet, keinen Zweifel, dass Maria und Joseph durch eine ganz legitime Ehe miteinander verbunden waren. Und es war schön, dass die Kirche früher in der Liturgie an dieser Tatsache nicht aus falscher Scham vorbeiging, sondern ein eigenes Fest der Vermählung Marias beging.

Der hl. Joseph war also der Verehrer und Liebhaber Marias im schönen, reinen, edlen Sinn, dann der Bräutigam und schließlich der Gemahl Marias im wahren und dabei wohl auch im allerschönsten Sinn dieses Wortes. Der hl. Joseph hat sich unzertrennlich und unwiderruflich in einer wahren Ehe mit Maria verbunden. Sein Mannesherz und seine Liebe gehörten Maria und ihr allein. Und umgekehrt hat Maria sicher ungezwungen und völlig frei – wie es für eine echte, gültige Ehe ja erforderlich ist - in die Vermählung mit dem hl. Joseph eingewilligt. Tat sie das aber, so gehörte auch ihrerseits dazu, dass auch sie ihr Herz und ihre Liebe ihrem Gemahl, dem hl. Joseph schenkte, für immer und unwiderruflich, so wie es sich eben nach Gottes Willen und Gesetz für eine wahre Ehe geziemt.

Nun kommt aber etwas dazu, was diesen Ehebund in seiner innig zarten gegenseitigen Liebe himmelhoch über das hinaushebt, was sonst die Menschen unter einer Ehe vor allem verstehen: Die Ehe zwischen Maria und Joseph war nämlich jungfräulich, d.h. es wurde in dieser Ehe ganz freiwillig, aber auch ganz bewusst auf die Ausübung des Rechtes zur gegenseitigen geschlechtlichen Hingabe verzichtet. Auch das wird wieder in der Hl. Schrift aufs klarste ausgesprochen. Wir brauchen dazu nur das Verkündigungsevangelium bei Lk 1,26-38 durchlesen: Maria beteuert hier dem Engel Gabriel mit klaren Worten, dass sie „keinen Mann erkennt“. Auf die bedeutungsvollste und ehrenvollste Botschaft, die je vom Himmel herab an ein Menschenkind erging, gab Maria diese Antwort: „Wie soll dies (dass ich Mutter werde) geschehen, da ich doch keinen Mann (in geschlechtlicher Hingabe) erkenne?“ Maria, diese weise und demütige Jungfrau, wollte sich mit diesen Worten keineswegs der Aufgabe, die Gott ihr stellte, entziehen; aber sie verstand nicht, wie sich das Engelswort, dass sie ein Kind empfangen und gebären sollte, erfüllen könne, sie bat den himmlischen Botschafter um Aufklärung: „Wie soll dies geschehen, da ich keinen Mann erkenne?!“ Gilt nicht auch von diesem Wort Marias das bekannte Sprichwort: „Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über!“ Marias Herz war voll vom Wunsch und Willen, ganz und gar Gott geweiht zu bleiben in immerwährender Jungfräulichkeit. Bis jetzt hatte sie sich die Jungfräulichkeit in leiblicher und seelischer Hinsicht makellos bewahrt; sie war fest entschlossen, diesen kostbaren Schatz weiter zu bewahren. Sie war dabei sicher fest überzeugt, dass dieser ihr Entschluss zu immerwährender Jungfräulichkeit von Gott gutgeheißen und gesegnet worden sei; sonst hätte ja Maiens Frage gar keinen rechten Sinn gehabt: „Wie soll dies geschehen, da ich keinen Mann erkenne?“ Es muss wohl so gewesen sein: Der Entschluss zu immerwährender Jungfräulichkeit stand bei Maria fest. Da konnte ihr der großartigste Antrag von welcher Seite auch immer gemacht werden.

Aus solcher Haltung Mariens dürfen wir doch wohl schließen, dass sie in die vorher vorgenommene Verlobung dem hl. Joseph nur unter der Bedingung eingewilligt haben wird, dass ihre Jungfräulichkeit in der folgenden Ehe unverletzt gewahrt bleiben müsse.

Wenn aber der hl. Joseph auf diese Bedingung einging, so können wir auch auf seine seelische Haltung und sittliche Einstellung Rückschlüsse ziehen. Denn wenn er unter dieser so eigenartigen Bedingung auf die Verlobung und Vermählung mit Maria einging, so muss ihm, der ja damals von dem kommenden großen Ereignis der Menschwerdung des Sohnes Gottes im Schoße seiner Braut noch keine Ahnung hatte, die Person Mariens, so wie sie war, eben mit der Krone ihrer unberührten, jungfräulichen Reinheit, so überaus wertvoll gedünkt haben, dass er sich trotzdem oder sogar gerade deshalb für immer mit Maria verbinden wollte.

Wenn aber dieser Mann von der Reinheit und Jungfräulichkeit Mariens so groß dachte, dann wird er wohl selbst auch ein innerlich durch und durch sauberer, edler, reiner Mensch gewesen sein, der da von Herzen gern auf die in der Ehe erlaubten geschlechtlichen Freuden und auf Kindersegen verzichten wollte, um nur ja das kostbare Gut der Reinheit und Jungfräulichkeit seiner Braut hüten und schützen zu können.

So werden wir hier also darauf hingewiesen, dass der bräutliche und eheliche Bund zwischen Maria und Joseph wohl nur mit gegenseitiger Zusicherung immerwährender Jungfräulichkeit, also mit gegenseitigem dauerndem Verzicht auf die eheliche Geschlechtshingabe eingegangen worden ist. Denn ohne die Zustimmung des hl. Joseph zu Mariens gelobter immerwährender Jungfräulichkeit hätte ein solcher Entschluss vonseiten Mariens allein ja den Ehevertrag von vornherein null und nichtig gemacht.

Diese Tatsache, dass hier beiderseits mit klarster Erkenntnis und freiester Entscheidung der Ehebund Mariens und Josephs als jungfräuliches Bündnis eingegangen worden ist, müssen wir vor Augen haben, um die hohe Verehrung recht zu würdigen, die der hl. Joseph seiner makellos reinen Braut entgegenbrachte und das wohlgemerkt zu einer Zeit, wo der hl. Joseph von einer besonderen Erwählung und Berufung Mariens durch Gott noch keine Ahnung hatte.

Wir müssen sagen: schon vom rein natürlichen Standpunkt aus das Ganze betrachtet liegt in der Tatsache, dass der hl. Joseph Maria zur Erwählten seines Herzens bestimmte und zur beständigen Gefährtin seines Lebens erwählte und ihr nach Gott den ersten Platz in seinem Herzen einräumte, ein klarer Beweis dafür, dass der hl. Joseph Maria überaus schätzte, verehrte und liebte: Er schaute bei Maria sicher nicht in erster Linie auf ihre äußere Schönheit, die zweifellos auch in besonderem Maße vorhanden war. Er schaute von allem Anfang an, da er Maria kennengelernt hatte, auf das Herz dieser makellos reinen Jungfrau. Wir dürfen sicher mit vollem Recht sagen: der hl. Joseph war der erste Verehrer des unbefleckten Herzens Mariens.

Überlegen wir diese Tatsache, dass sich der hl. Joseph mit Maria für einen jungfräulichen Ehebund verlobte, noch weiter: So etwas hatte die Welt bis dahin noch nicht gesehen. Die Welt hätte es wohl auch gar nicht für möglich gehalten. Der ganze Alte Bund kennt so etwas jedenfalls nicht. Selbst im Neuen Bund finden sich Nachahmungen eines solchen jungfräulichen Ehebundes nur höchst selten. Vom kaiserlichen Ehepaar Heinrich und Kunigunde wird es behauptet. Mag sein, dass es da und dort im Lauf der Kirchengeschichte solche Ehen – man nennt sie bekanntlich Josephsehen – gegeben hat, sicher nur höchst selten. Die menschliche Natur, vor allem die erbsündlich gefallene Natur sträubt sich ja gewissermaßen dagegen.

Freilich gibt es in der Kirchengeschichte bis herauf in unsere von schaurigem Sexualismus erfüllte Zeit Tausende und abertausende großmütiger Menschen, die im Hinblick auf Christus und um des Himmelreiches willen Gott begeistert und in unverbrüchlicher Treue ihre Jungfräulichkeit weihen. Wir dürfen uns da heute von jenen traurigen Fällen, in denen die gottgelobte Jungfräulichkeit im Priester- und Ordensstand treulos aufgegeben wird, nicht falsch beeindrucken lassen! Aber übersehen wir nicht, dass solche jungfräuliche und in ihrem Entschluss zu immerwährender Jungfräulichkeit bis ans Lebensende treue Seelen durchwegs von vornherein auf die Ehe verzichten und im ehelosen Stand jungfräulich leben, statt eine Ehe mit dem Verzicht auf den Gebrauch der Eherechte einzugehen.

Gerade diese Tatsache hat immer wieder zur Frage angeregt, ob es nicht auch für Maria und Joseph sinnvoller und sogar vollkommener gewesen wäre, überhaupt auf die Ehe zu verzichten, anstatt eine jungfräuliche Ehe einzugehen. Hat nicht Jesus Christus, nach ihm dann vor allem der heilige Apostel Johannes und der Völkerapostel Paulus den ehelosen Stand in der Jungfräulichkeit ganz hoch eingeschätzt? Und schreibt nicht die Kirche gerade deshalb den Priestern die Ehelosigkeit vor und hält an der Zölibatsverpflichtung für die Priester fest? Warum haben dann die beiden jungfräulichen Seelen Maria und Joseph eine Ehe geschlossen?

Zum richtigen Verständnis des Eheschlusses der beiden Heiligen Maria und Joseph müssen wir sicher die Zeitumstände und die Pläne der göttlichen Vorsehung beachten:

Die beiden hochbegnadeten Menschen Maria und Joseph wären denn doch wohl dann, wenn sie die Ehelosigkeit als das in ihrer Zeit Vollkommenere angesehen hätten, sicher auch wirklich ehelos geblieben. Aber eine ganze Reihe von Gründen, wie sie bereits die großen Kirchenväter Ambrosius und Augustinus u.a. angeführt haben, haben bei Maria und Joseph trotz des Entschlusses zur Jungfräulichkeit doch wohl die Ehe miteinander als geraten, ja sozusagen als notwendig erscheinen lassen:

1. Zunächst war die Anschauung im israelitischen Volk von damals so, dass sich ein erwachsener, geschlechtsreifer Mensch fast unmöglich der Ehe entziehen konnte. Es bestand zwar kein eigentliches Gebot, unbedingt eine Ehe einzugehen, aber man hätte es doch als einen Verstoß gegen die Tradition und öffentliche Sitte angesehen, nicht zu heiraten. Ein wichtiger religiöser Grund kam dazu: aller Augen waren ja im israelitischen Volk auf den verheißenen kommenden Messias gerichtet. In seinen Kindern oder wenigstens in den Enkeln oder Urenkeln hoffte der gläubige Israelit in irgendeiner Weise schließlich doch noch des messianischen Segens teilhaftig zu werden. Kindersegen wurde als Erfüllung der Verheißung Gottes an Abraham angesehen. Umgekehrt wurde Kinderlosigkeit als eine ganz harte Heimsuchung, vielfach sogar als Strafe Gottes aufgefasst. So ist es begreiflich, dass sich aus dem ganzen AT keine einzige Jungfrau namhaft machen lässt, von der feststünde, dass sie ganz freiwillig und wohlüberlegt auf den Ehestand verzichtet hatte.

2. Man muss wohl auch noch sagen, dass in den Augen der Israeliten von damals der Ehestand viel höher eingeschätzt wurde als die Jungfräulichkeit. Heute ist es ja im Christentum wieder genauso. Von einer Hochschätzung der Jungfräulichkeit ist ja heute kaum mehr etwas zu spüren.

Für Maria war es jedenfalls aus verschiedensten Gründen höchst angebracht, den Entschluss zu immerwährender Jungfräulichkeit unter dem Deckmantel der Ehe zu verbergen. Ein Gleiches lässt sich wohl auch vom hl. Joseph sagen: Auch ihn zwangen gewissermaßen die Zeitumstände zur Eheschließung trotz des Entschlusses jungfräulich zu leben.

Wer aber die Zeitumstände damals so gefügt hat, war letztlich Gott mit seiner weisen Vorsehung. Der hl. Thomas v. A. erörtert ausführlich in seiner Summa theol. III, Qu. 29, A.1 die Weisheit, die hinter der Anordnung Gottes, dass die beiden jungfräulichen Menschen Maria und Joseph miteinander eine Ehe, freilich eine jungfräuliche Ehe schlossen, stecken mögen; der große Kirchenlehrer meint:

1. Wenn die Geburt des menschgewordenen Gottessohnes in den Augen der Welt, die damals für eine jungfräuliche Empfängnis und Geburt nicht das geringste Verständnis aufbrachte, nicht durch einen legitimen Vater geschützt gewesen wäre, so wäre der Heiland der Schmähung als uneheliches Kind (Bastard) und seine gebenedeite jungfräuliche Mutter der Schmähung als uneheliche Mutter (Dirne) ausgesetzt gewesen. Der Heiland und seine Mutter mussten in Ehren und unangefochten in der Öffentlichkeit auftreten können. Das war nur möglich, wenn Jesus Christus trotz seiner jungfräulichen Zeugung in eine legitime Ehe hineingeboren wurde.

2. Dazu kommt dann noch, dass der verheißene Messias von König David abstammen musste; ohne den ehelichen Bund des hl. Joseph, dieses Nachkommen Davids, aber mit Maria, hätte Jesus Christus niemals in gesetzlich berechtigter Weise als Sohn Davids auftreten können, auch wenn Maria selbst ebenfalls aus dem Hause und Geschlechte Davids stammte.

3. Dass es außerdem für Maria weit günstiger war, wenn das jungfräulich empfangene göttliche Kind in eine Ehe hineingeboren wurde, ist leicht einzusehen, weil ja Maria auf diese Weise vor allem in den Jahren der Kindheit und Jugend des Gottmenschen einen Helfer und Beschützer in allen Nöten und Gefahren im hl. Joseph an ihrer Seite hatte.

4. Der hl. Märtyrerbischof Ignatius v. A. gibt noch einen Grund an, warum der Heiland in einer wirklichen Ehe Marias und Josephs sein Erdendasein beginnen sollte und wollte: damit nämlich der Teufel nicht vor der Zeit von dem großen Geheimnis der Menschwerdung des Gottessohnes Kunde erhielt und dann diesem Geheimnis und dem der Erlösung noch größere Schwierigkeiten entgegensetzte.

Es gibt der Angemessenheitsgründe genug, die eine Vermählung der reinsten Jungfrau vollauf rechtfertigen. Wenn aber der ewige, unendlich weise Gott dabei ganz besonders seine Vorsehung walten ließ, so ergeben sich daraus noch ganz besonders beachtenswerte Folgerungen. Man sagt gerne: „Die Ehen werden im Himmel geschlossen“. Wenn dieses Sprichwort je einmal Geltung hatte, dann sicher bei dem hl. Ehebund zwischen Maria und Joseph: Mit ewiger Liebe hatte der dreifaltige Gott Maria zur Mutter des Erlösers vorausgestimmt und dementsprechend auch alles, was zu diesem Zweck dienlich sein konnte, aufs sorgfältigste auserwählt und vorbereitet.

Wenn nun also unter dem Schleier der Ehe sich das große Geheimnis der Menschwerdung des Sohnes Gottes vollziehen sollte, so galt es, für die künftige Mutter des Sohnes Gottes einen würdigen Ehe- und Lebensgefährten zu schaffen. „Lasset uns ihr einen Gehilfen machen, der ihr gleich ist“, so mag der dreifaltige Gott auch hier wie einst bei der Ergänzung des ersten Menschen gesprochen haben. So weit als überhaupt möglich ebenbürtig sollte der für die reinste Braut erwählte Bräutigam sein, ebenbürtig vor allem, was die Gesinnungen seines Herzens betrifft. Da finden wir es dann – wenn wir alles im Plane der göttlichen Vorsehung überdenken – erst recht begreiflich, dass der hl. Joseph, der seine Hand für einen jungfräulichen Bund mit Maria hergab, in einem ganz hohen Maß durch Tugendreichtum vor allen seinen Zeitgenossen, ja vor allen Männern aller Zeiten ausgezeichnet war. Dann begreifen wir auch, dass diese beiden jungfräulichen Seelen sich fanden und so gut verstanden und eins dem anderen in ihrem Verlöbnis den kostbaren Schatz ihrer Jungfräulichkeit darbrachte: Dadurch, dass der hl. Joseph Maria Hand und Herz zu einem jungfräulichen Ehebund darbot und seine eigene Jungfräulichkeit als kostbarstes Verlobungsgeschenk überbrachte, schenkte er Maria mehr als er, der verarmte Spross aus dem königlichen Geschlechte Davids, geschenkt hätte, wenn er ein Königreich in seine Ehe mit Maria mitgebracht hätte. Dadurch aber, dass im gleichen Sinn Maria den hl. Joseph zum Hüter, ja sogar zum rechtmäßigen Herrn und Eigentümer ihrer eigenen unbefleckten Reinheit für immer erwählt und erkoren hat, fiel dem hl. Joseph ein Schatz zu, der sich mit nichts auf der Welt vergleichen lässt.

Welche Hochschätzung und Verehrung erwies also der hl. Joseph der reinsten Jungfrau schon allein dadurch, dass er sie zu seiner jungfräulichen Braut und Gemahlin erkor und ihr zugleich seine eigene Jungfräulichkeit zum Gegengeschenk darbrachte! Und diese Hochschätzung und Verehrung des unbefleckten Herzens Mariä steigerte sich im hl. Joseph im Lauf seines Zusammenlebens mit Maria noch weiter dadurch, dass er Maria immer eifriger und treuer in ihren Tugenden nachzuahmen suchte.

Freilich wird das dem hl. Joseph sicher nicht schwer gefallen sein, weil ja sein für alles Schöne, Große und Edle aufgeschlossene Mannesherz wie fortgerissen war von begeisterter Liebe für seine so einzigartig liebenswürdige Braut und Gemahlin.

Ich meine, es ist kein Spiel mit Worten, wenn ich den hl. Joseph den ersten Verehrer des unbefleckten Herzens Mariä nenne. Mariens unbeflecktes Herz war sein Kronschatz, den zu hüten und vor jeder Gefahr zu schützen, ihm die schönste Lebensaufgabe dünkte. Dass dazu dann noch eine weitere, noch größere Aufgabe hinzukam, als in seine Ehe mit Maria das göttliche Kind hineingeboren wurde, das war dann der Lohn für die Hochschätzung, Liebe und Verehrung, die der hl. Joseph dem unbefleckten Herzen Mariä entgegenbrachte. Darum, weil er das unbefleckte Herz Mariä so innig liebte und verehrte, wurde ihm dann schließlich auch noch das Herz Jesu zum Schutz anvertraut.

Was sich aus dem gesagten für die Art und Weise unserer Herz-Mariä-Verehrung gemäß den Weisungen der Gottesmutter in Fatima ergibt? Ich brauche es wohl nicht mehr lang und breit ausführen; es versteht sich ja von selbst, wenn wir an die einzigartige jungfräuliche Ehe zwischen Maria und Joseph denken. Eine ganz entscheidend wichtige Art, das unbefleckte Herz Mariä zu verehren, wäre – gerade in unserer haltlosen Zeit – die Hochschätzung der gottgeweihten Jungfräulichkeit vor allem bei den Priestern und Ordensleuten – sie ist nach einer ausdrücklichen Lehre des Konzils von Trient das in den Augen Gottes Größere und Wertvollere als die Ehe. Die Folgerung für die christlichen Eheleute aber wäre wohl diese, die standesgemäße Keuschheit in der Ehe hochzuhalten und dann und wann auch für länger Zeit die Enthaltsamkeit zu üben. Es wagt ja heute kaum jemand mehr auf dieses allererste und sittlich kostbarste Mittel für verantwortete Elternschaft hinzuweisen. Alles redet nur noch von der Pille und allen möglichen anderen chemischen und technischen Verhütungsmitteln; dass auch die zeitweilige Enthaltsamkeit das sittlich einwandfreieste Mittel ist, die Kinderzahl in einer Ehe zu beschränken und Empfängnis zu verhüten, wagt man kaum mehr zu erwähnen.